2012/09/05

Goodbye Tacheles


Eigentlich wollte ich heute meine Fahrrad-Tour-Erlebnisse aus der letzten Woche mit euch teilen. Ich habe ja mir und meinem Besuch eine Tour mit dem Fahrrad durch das Berliner Umland verordnet. Ich verrate nur so viel: es war toll. Und anstrengend. Und toll. Aber dann habe ich gestern von der endgültigen Räumung des Tacheles gehört. Und da ich vor einigen Wochen auf einer Entdeckungstour auch durch die Räume des ehemaligen Kaufhauses an der Oranienburger Straße gestreift bin, war mir eher danach, meine Eindrücke zum Tacheles mir euch zu teilen.

Ich gebe zu, dass beim Gedanken an diese Aktion zwei Herzen in meiner Brust wohnen. Bevor ich im Tacheles war, hatte ich davon gehört, dass das Gebäude, das nach der Wende im Namen der Kunst und Kultur besetzt worden war, geräumt werden sollte. Meine erste Reaktion war: braucht Berlin wirklich noch mehr Raum für noch mehr Luxus-Unterkünfte in Mitte? Als ich dann aber das Tacheles von innen besichtigt habe, kam ein anderer Blickwinkel dazu. Ich will nicht ins Detail gehen, aber es war schrecklich duster im ganzen Haus und das Treppenhaus roch wirklich übel. Viele Bilder dort waren schon X-Mal übersprayt und nur an manchen Stellen konnte man wirklich mal eine Arbeit ganz erkennen. Überall im Treppenhaus Metallgitter. Ich war ehrlich entsetzt und hatte nach diesem Empfang keine richtige Lust mehr, mir die dargebotene Kunst der Tacheles-Bewohner in Ruhe anzusehen. Ich fand es echt traurig, welch einen heruntergekommenen Eindruck alles gemacht hat.

Ich weiss, dass die Künstler die Instandhaltung eines solchen Hauses nicht alleine leisten können und sie sind auch wahrscheinlich eher nicht für den ekligen Gebrauch des Treppenhauses verantwortlich, aber nachdem ich wieder auf dem Bürgersteig der Oranienburger Straße stand und meine Nasenkanäle wieder geöffnet hatte, dachte ich nur: hier muss wirklich etwas passieren. Vielleicht hätte es diesen Tag mit Zwangsräumung und Polizei nicht geben müssen, vielleicht hätte eher die Stadt Berlin Interesse an dem Erhalt des Tacheles als Stätte der Kultur haben müssen.

Liebes Tacheles, ich wünsche Dir ehrlich, dass Dein neuer Besitzer, ich nenne ihn bewußt nicht Investor, wobei er nicht nur wahrscheinlich eher letzteres ist, es gut mit Dir und den Menschen meint, die Dir nahe stehen und in Deinen Räumen Platz für ihre Träume gefunden hatten. Ich wünsche mir den Tag Deiner Neu-Eröffnung als Tag an dem Du altes Haus in neuem Glanz erstrahlst und in Deinen Räumen wieder, wie gestern in der Tagesschau verkündet, Kultur und Kunst zu Hause sind. Ich wünsche mir, dass Deine Bewohner, die Dich nach der Wende vor dem Abriss bewahrt haben, bei dieser Aktion nicht in auf der Strecke bleiben. Liebes Tacheles, dafür drücke ich Dir als neuer Berlin-Bewohner ganz fest die Daumen.


Goodbye Tacheles.






Herzliche Grüße
Eure Neu-Berlinerin

 

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